Komische Überschrift? Na ja, bis gestern war die Tour mehr ein Abhaken von Meilensteinen. Erster Tag: viel Autobahn und Ziel erreichen. Zweiter Tag: bloss raus aus Polen und hin zum Honigtal. Beide Etappen haben Spass gemacht, die zweite schon mehr als die erste, aber die richtige Reise hat für mich erst heute begonnen. Die Tagesetappe sollte nur knapp 300-400 Kilometer sein, Riga wollte ich pünktlich für einen Stadtbummel erreichen und auf dem Weg dahin ließ ich mir Zeit. So weit der Plan.
Das Honigtal sah im Morgenlicht noch schöner als bei der Ankunft aus, vermutlich liegt dieser liebevoll gepflegte Campingplatz nur zu weit ab von der Touristenroute.
Nachdem ich mit dem Frühstück und dem Packen ganz entspannt fertig war, ging es noch einmal runter zur Memel. Für mich war dieser Fluß immer nur ein Begriff aus der ersten Strophe des Deutschlandliedes. Ein Deutschland in dieser Ausdehnung habe ich nie kennengelernt. Und doch ist es dann ein Moment des Staunens… wie groß (in Entfernung!) und weit dieses Land einmal war. Und das dies Vergangenheit ist, merke ich bei der Begegnung mit einer Litauischen Familie, die ein Picknick am Fluß macht. Während der Sohn am Ufer badet, versucht der Vater vergeblich mit mir ins Gespräch zu kommen. Hier ist nix mehr deutsch. Und englisch natürlich auch nicht. So grüße ich freundlich und mache mich wieder auf den Weg.
Die Straßen in Litauen sind endlos gerade. Wie mit der Richtschnur gezogen ziehen sich die Landstraßen durch endlose Getreidefelder.
Hin und wieder ein ärmliches Dorf, kaum kleinere Städte wie wir sie gewohnt sind. Es überwiegen Holzhäuser, hin und wieder sieht man auch ein paar typische Wohnblocks im Plattenbau-Stil… ich hoffe, das ist die richtige Bezeichnung…, was aber auffällt: bei aller äußeren Ärmlichkeit wirkt alles sauber und gepflegt. Die Hecken und Blumen, die Vorgärten sind immer wieder herausgeputzt. Verwahrlost ist hier fast nichts.
Kurz vor der Grenze nach Lettland passiere ich den Berg der Kreuze Ich bin kein strenggläubiger Mensch, aber so etwas beeindruckt mich dann doch. Etwas Abseits der Busladungen stelle ich die Horizontjägerin ab und mach ein paar Schnappschüsse. Sogar das Kreuz eines Motorradklubs springt mir ins Auge… Aber die Hitze treibt mich dann doch weiter.
Ganz kurz zum Wetter, im Cockpit zeigte mir das Thermometer kaum weniger als 34°, während der Fahrt wohlgemerkt. Um es kurz zu machen… irgendwann war mir die runterlaufende Suppe egal. Es riecht ja auch keiner 🙂
Dann schickte mich der neue Scout auf eine Landstrasse der besonderen Art. Dieses gilt in Litauen offenbar als befestigt!
In anderen Motorradblogs habe ich gelesen, diese Pisten fährt man am besten flott, dann rüttelt es nicht so. Es stimmt, ab Tempo 60 fährt es sich fast rüttelfrei. Also: Augen zu und durch, die Staubwolke hinter mir ist riesig und schweissgebadet bin ich sowieso. Nach knapp 12 Kilometern habe ich dann (gottseidank) wieder Asphalt unter den Rädern.
Die Grenze nach Lettland… hätte ich beinahe verpasst. Danach ging es auf einer gut ausgebauten Landstrasse nur noch geradeaus bis nach Riga. Meinem geplanten Ziel für heute entgegen!
Riga ist eine Großstadt, die Hauptstadt von Lettland, mit moderner und klassischer Architektur, vierspurigen Strassen und irrem Verkehr. Durchschlängeln geht mit meiner Dicken heute gar nicht. Schließlich führt mich das Navi zum Camping-Platz meiner Wahl: ABC-Camping… wird gerade komplett umgebaut und ist daher geschlossen… Na gut, Navi! Zeig was Du drauf hast. Nächstgelegener Platz: Rivercamping!
Direkt am Fluß… das hätte ja auch eine Warnung sein können. Es ist ein reiner Stellplatz für Wohnmobilisten im Jachthafen. Als weiter zum „Riga City-Camping“.
Vor Ort finde ich einen Supermarktparkplatz… eigentlich nur für Wohnmobile. Auf der winzigen verbrannten Grasfläche machen sich zwei Radfahrer breit. Nichts wie weg.
Nächster Platz: Joker-Camping! Das hört sich nicht nur wie ein Witz an, das ist auch einer! Den gibt es gar nicht!! Dort steh eine Schule! Das waren mal eben mindestens 15 Kilometer quer durch Riga, immer im Stop-and-go-Verkehr. Ich habe die Faxen dicke, tippe die Fortsetzung der Route nach Tallinn ein und gebe Gas! Schade Riga, das hatte ich mir anders vorgestellt.
Kaum sind wir beide raus aus der Stadt, sehe ich am Fahrbahnrand ein Schild: Camping, 800m links!
Auf dem Gelände eines ehemaligen Bauerhofs führt der ca.80jährige Andris einen spartanischen Campingplatz. Alle Sanitäranlagen sind vorhanden (und sauber!), ich bin der einzige Gast und der nächste Supermarkt ist knapp einen Kilometer entfernt. Und WLAN… auch hier kein Neuland! Was kann man sich schöneres wünschen!
Damit war es das für heute… leider keine Bilder aus Riga, aber da war ich dann doch mit den Nerven am Ende.
Der Platz hier ist herrlich. Ich sitze in einem Pavillon mit Strom und WLAN, habe einen freien Blick über den leeren Platz zum Zelt. Jetzt nur noch abwaschen und dann abchillen. Mal sehen was Tallinn morgen zu bieten hat!