Eine ruhige Nacht endet mit endlos blauem Himmel und einer strahlenden Sonne. Zelt abbauen, dabei Kaffee aufsetzen, Motorrad beladen, dann Frühstück im Freien und schließlich in die Motorradklamotten. So allmählich schleicht sich Routine ein und all die Kleinigkeiten finden ihren endgültigen Platz („Interessant, quer gelegt braucht der Gaskocher weniger Platz?“). Ich sollte mir eine Liste machen, welches Teil wohin kommt….
Endlich wieder auf die Strasse, immer weiter nach Norden, bis zum Ende der Baltic Sea. Ebenso endet dort für mich Schweden. Noch eine kurze Kaffepause am Hafen von Haparanda und schon bin ich in Finnland. Offenbar freue ich mich darüber so sehr, dass ich auf der Autobahn mein Navi übersehe. Also ab der nächsten Abfahrt eine Ehrenrunde und lebe wohl E4. Ich bin Dir lang genug treu geblieben 🙂
Nach Norden, jetzt auf der E75, bis nach Rovaniemo. Wer es nicht weiß, hier wohnt der Weihnachtsmann! Oder sein Stellvertreter. Oder geschäftstüchtige Wichtel. Egal, hier verläuft der Polarkreis und weil der Weihnachtsmann am Polarkreis sein Haus hat, haben sich die Finnen hier ein Touristenzentrum erschaffen. Ich glaube, hier hat fast jeder Nordkapp-Fahrer angehalten. Ich natürlich auch. Eine Tasse Kaffee und ein paar Erledigungen später (seid nicht so neugierig!), schnell noch ein Selfie auf dem Polarkreis und schon ging es weiter.
Für die Schlaumeier: ich weiß natürlich auch, dass die Erdoberfläche wandert und der Polarkreis nicht mehr genau dort liegt… Aber es ist ein schönes Sinnbild und irgendwann im Laufe des Tages bin ich über ihn gefahren. Wäre ja auch blöd, die Linie jedes Jahr neu zu ziehen.
Und plötzlich wird es einsam auf der Strasse. Kein Auto vor oder hinter mir, Gegenverkehr scheint ein Fremdwort zu sein. Nur hin und wieder rücke ich einem Schwerlaster auf, den ich kurze Zeit später im Rückspiegel verliere, bei Tempo 100 wohlgemerkt. Mehr ist nicht erlaubt. Und wie Leif neulich bemerkte: plötzlich gleitet man so richtig ab… bis mir im nächsten Moment ein Rentier von rechts aus dem Graben auf die Bahn springt. Vollbremsung, ABS greift, und die blöde Kuh (es war eine Rentierkuh, ganz sicher!) verschwindet auf der anderen Seite. „Mist, und kein Foto!“ Ein wirklich seltsamer Gedanke nach dieser Situation, schießt es mir danach in den Sinn. Aber das hat ja keiner gehört 🙂
Knapp 100 Kilometer weiter wird es noch seltsamer. Ein Stück Landstrasse, mehrere Kilometer lang und mindestens acht (8!) Spuren breit. Ein Szenario wie aus Akte-X.
Es sieht aus, wie ein vorbereitetes Flugfeld, sicher nicht für zivile Zwecke. Und mitten auf diesem ewig freien Platz eine Herde Rentiere! Mitten in der Herde ein Albino. Jetzt aber habe ich euch. Kamera raus und… die laufen nicht einmal weg. Gut dass man hier ausweichen kann.
Der Tag endet mit dem Campingplatz, den die Welt vergessen hat. Ein Geheimtipp aus dem Internet (ich hätte mir die Seite merken sollen!). Diesen Platz zu beschreiben, den Platzwart, sein „Büro“, die Preisverhandlung (ich kein finnisch, er nur finnisch), die muffige Hütte, die Bettwäsche, die Plumpsklos… reicht das?
Weshalb ich hier geblieben bin? Milliarden von Mücken und die Regenvorhersage für morgen! Wenn ich schon mal hier bin, dann lieber ein festes Dach über dem Kopf, kein Zeltaufbau mit Mücken und kein Abbau im Regen. Ausserdem gibt es elektrisch Strom zum Aufladen der „Spielsachen“!
Als Krönung dann noch eine Whatsapp-Konferenz mit meinen Jungs, die sogar die Hütte mit Google-Earth orten. Unglaublich!
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Hallo Frank,
Die ersten Reiseberichte lesen sich klasse und ich freue mich schon auf viele weitere!
Das macht Lust auf so eine Tour, auch wenn man (wie ich ) keinen Mopedschein hat.
Weiter gutes Wetter und genug Sprit im Tank
Viele Grüße
Thomas