Tag 20 (28. August)

Wasserbett

Wasserbett

Eben schlabbert mir ein weißes Pferd mit seiner nassen Zunge durchs Gesicht, im nächsten Moment bin ich wach und Nieselregen fällt in mein Gesicht. Hätte ich das Zelt bei der drückenden Hitze gestern Abend doch schließen sollen?

Eine müßige Frage, vor allen Dingen zu spät. Was jetzt? Es ist 06:30 Uhr und eigentlich wollte ich doch bleiben. Allerdings nicht bei diesem Wetter! Aber jetzt die nassen Sachen packen? Ich suche das Handy, deaktiviere den Flugmodus (Strom sparen!) und starte Wetter.Com. Für den Standort Carcassonne wird Nieselregen angezeigt. Na, das habe ich auch gemerkt. Und die Vorhersage? Vormittags bewölkt, aber dann Sonne bis zum Abwinken. Also bleibt es dabei und ich drehe mich wieder um.

Weil ich dann zunächst doch nicht einschlafen kann, krame ich das Netbook raus und ergänze den gestrigen Blog mit den Fotos. Gestern war das WLAN so schnell wie das Internet im Büro, Upload konnte man vergessen. Jetzt geht alles reibungslos. Offenbar sind um diese Uhrzeit noch nicht sooo viele Camper online. Dann lege ich mich doch noch wieder hin und wache ganz erstaunt um 09:00 Uhr wieder auf. Was für ein Tagesbeginn!

Schnell geduscht, Baguette gekauft und dann gefrühstückt. Als alles aufgeräumt, verpackt, und verschlossen ist, mache ich mich zu Fuß auf den Weg zur Burg. Mittlerweile hat der Nieselregen aufgehört, graue Wolken verheißen zwar nichts Gutes, die Temperatur verspricht aber mit 26 Grad eine baldige Wende.

Carcassonne! Ich habe wirklich schon eine Reihe alter Burgen, Ruinen oder historischer Stätten gesehen. Meine Jungs waren manchmal schon genervt von den „alten Steinen“. Aber das hier? Ich hatte mich wie ein Biker natürlich nicht an die offiziellen und ausgeschildeten Wege gehalten. Vom Campingplatz führte ein kleiner ausgetretener Pfad an die Burgmauer. Mein erster Eindruck: giiigaaantisch. Weil ich aber quasi den Nebeneingang nutzte, änderte sich der Eindruck nach ein paar Windungen des Weges innerhalb der Burg.

Shoppen geht natürlich auch!

Shoppen geht natürlich auch!

Plötzlich stehe ich auf einem äußerst belebten Marktplatz und bin Teil einer unüberschaubaren Menge von Touristen! Diese Burg, oder besser Festungsstadt, lebt! Innerhalb dieser Stadt gibt es natürlich zahllose Restaurants, Schnick-Schnack-Läden (wer mit Kindern hierherkommt, der verlässt die Stadt mit Rittern oder Hofdamen, jede Wette!), Hotels oder sonstige Touristenfallen. Sogar das Polizeirevier finde ich! Aber es gibt auch verlassene Pfade, in denen die Zeit still zu stehen scheint und wer ein Gefühl dafür hat, der sieht Bilder aus längst vergangenen Zeiten. Fast fünf Stunden lasse ich mich so durch diese Stadt treiben und, um es kurz zu machen: wer sich in erreichbarer Nähe in Frankreich aufhält, muss hier einmal gewesen sein!

Sie wollen doch nur spielen...

Sie wollen doch nur spielen…

Als Abschluss gönne ich mir dann das große Ritterspektakel. Zufällig war heute auch die letzte Vorstellung der Saison! Hat da gerade jemand „Kinderkram“ gedacht? Genau, das war es auch zum größten Teil. Allerdings genießen die französischen Cascadeure (=Stuntmen) international einen sehr guten Ruf und die zahlreichen Mittelaltershows werden fast ausnahmslos von Cascadeuren bestritten. Ich sah also eine Show mit viel kindgerechten Comedy- und Showelementen, was die Handlung anging. Es waren die Versatzstücke aus so ziemlich allen Ritterfilmen, die wir alle schon gesehen haben.

Das ewige Spiel: "Gut" gegen "Böse"!

Das ewige Spiel: „Gut“ gegen „Böse“!

Sobald jedoch Action gezeigt wurde, hielten auch die Erwachsenen die Luft an. Was die Jungs und Mädchen auf, unter und neben den galoppierenden Pferden trieben… Und dann die Zweikämpfe! Wer schon einmal bei den Karl-May-Festspielen war, der weiß, wie es nicht aussehen soll (ich bin bekennender Festspiel-Fan und habe zahllose Aufführungen gesehen, allerdings liegt dort der Schwerpunkt auf den Geschichten. Oder so ähnlich 🙂 ).

Der Ausgang aber war eine Überraschung...

Der Ausgang aber war eine Überraschung…

Hier wurde mit einer Vehemenz aufeinander losgegangen, dass sich keiner der Akteure auch nur einen Fehler erlauben durfte. Das Timing war jedoch in allen Fällen nahezu perfekt. Als einer der („guten“) Ritter den Bösewicht packte und mit „voller Wucht“ direkt neben mir mit dem Kopf gegen einen Pfosten der Zuschauertribüne knallte, da hätte ich für Sekunden schwören können, dass die Rolle des Bösewichts jeden Tag neu besetzt wird. Also auch hier in Kürze zusammengefasst: die Show war sehr gut gemacht.

Und Humor haben die Franzosen offenbar auch: als der „verfressene, dumm-doofe“ Herzog den „guten Ritter“ am Ende der Vorstellung in den Kerker werfen wollte, begann er zu husten und fiel um. Weibliche Stimme aus dem Off: „Und die Moral von dieser Geschichte? Man soll nicht mit vollem Mund reden!“.

Moped: "Sieh zu, dass Du in den Pool kommst!"

Moped: „Sieh zu, dass Du in den Pool kommst!“

Damit geht ein langer Tag und letztlich sehr heißer wie üblich zu Ende: ich sitze in der schattigen Bar, genieße ein eiskaltes Heineken (die Horizontjägerin zeigte mir bei meiner Rückkehr vorhin 40,00 Grad an!) und nutze das freie WLAN. Ob ich allerdings heute schon viele Bilder bei dieser Geschwindigkeit hochladen werde, ist fraglich. Es sind heute fast zweihundert Fotos geworden! Andererseits hat sich der Platz in meiner Abwesenheit dramatisch geleert. Irgendwo gehen offenbar die letzten Ferien dem Ende entgegen.

Und morgen geht es in Richtung Andorra!

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