Wie oft nehmen wir uns Dinge vor, verschieben sie, verschieben sie wieder, um schließlich festzustellen, jetzt ist es zu spät!
Ganz besonders fällt das bei Vorhaben auf, die gewisse körperliche Eigenschaften voraussetzen und die man (oder Frau 😉) mit den Jahren einbüßt. Anwesende selbstverständlich ausgenommen!
Island war für mich immer ein magischer Ort, Geheimnis umwittert, voller Legenden und Abenteuer. Angefangen mit Jules Verne, der seine ‚Reise zum Mittelpunkt der Erde‘ hier starten ließ (hat jetzt gerade jemand gesagt, eigentlich startet die Reise in Hamburg? Besserwisser! 😄), bis in neuerer Zeit die Serien-Verfilmung von Game of Thrones, die zahlreiche Drehorte auf Island nutzte… es gab soviel, das ich schon immer mit eigenen Augen sehen wollte.
Und völlig außer Frage, sollte dies auf dem Motorrad passieren. Irgendwie kam immer etwas dazwischen und jetzt wurde es allerhöchste Zeit. Selber bin ich bereits vier Jahre im Ruhestand, zahlreiche Bekannte haben sich von ihren Mopeds getrennt oder lassen sie verstauben, mit alten Kumpels ein Test-Wochenende mit Motorrad und Zelt an der Müritz war auch nur semieerfolgreich… aber das ist eine eigene Geschichte 😄 Und mit dem Blick auf Corona wurde ich das Gefühl nicht los, dass ich es endlich anpacken muß!
Nach zwei Solo-Touren zum Nordkapp wollte ich aber jetzt lieber in einer kleinen Gruppe fahren, die Suche nach Mitfahrern war jedoch nicht einfach: waren wir zunächst noch zu Dritt, so musste einer frühzeitig absagen. Es gibt wahrlich wichtigere Sachen im Leben! In so einer Situation Fall hätte ich mich genauso entschieden.
Bei den meisten anderen Freunden war es jetzt (s.o.) zu spät. Und so starteten wir, Sönke (Tenniskumpel, Nachbar, guter Freund und Guzzi-Dompteur) und ich, am 26.07.2022 in Richtung Island.
Die Beiträge beginnen ein paar Wochen vor dem Start und ganz am Ende findet ihr ein nachträgliches Fazit und ein paar subjektive Tipps…
Nur noch vier Wochen… (30.06.2022)
Nur noch drei Wochen… (06.07.2022)
Noch zwei Wochen… (11.07.2022)
…und der Countdown läuft! (20.07.2022))
Tsjakkaa! (21.07.2022)
Startklar! (25.07.2022))
Auf Dänemark ist Verlaß! (26.07.2022)
Erster Tag auf See (26.07.2022)
Zweiter Tag auf See! (27.07.2022)
Tag 1 (28.07.2022)
Fazit & Tipps
Planung
Fangen wir also mit der Planung an. Im Netz gibt es verschiedene Anbieter von geführten Motorradreisen. Mir war jedoch von vornherein klar, dass ich nach dem eigenen Rythmus fahre. Trotzdem habe ich mir auf einer dieser Seiten die Übernachtungsorte einer 14tägigen Tour rausgesucht. Diese Tour ging einmal im Uhrzeigersinn (fast) komplett um die Insel (inklusive der Westfjorde) herum. Ausgenommen das Hochland und die dortigen F-Straßen.
Bei den F-Straßen handelt es sich um Straßen, die nur mit geländegängigen Fahrzeugen befahren werden dürfen(!)… Sie beinhalten großes Geröll und auch Furten durch die Gletscherflüsse. Und meine Horizontjägerin tut zwar manchmal so, aber sie ist kein Geländemotorrad!
Die Schwierigkeit und Länge der Etappen war damit für „Normalos“ machbar und es war auch ausreichend Zeit für Fotostopps einkalkuliert. So zumindest meine Vermutung, die schließlich auch komplett aufging!
Mit den Übernachtungsorten habe ich mich an das Reisebüro ISLAND Erlebnisreisen GmbH gewandt und mir ein Angebot machen lassen (einfache Zimmer, „shared bath“, Frühstück plus Fährpassage hin und zurück ab Hirtshals).
Das geschah nach den beiden Corona-Jahren mit dem Hintergedanken, eine komplette Buchung aufgrund der Pandemie ggf. einfacher zu stornieren als rund 16 Einzelbuchungen… Machen wir es hier kurz: es gab nichts zu stornieren und Island Erlebnisreisen hat einen tollen Job gemacht!!
Karte:
Ja, auch mit Navi brauche ich eine Karte, um mir einmal einen Überblick zur verschaffen.
Diese wasser- und reißfeste Straßenkarte im Maßstab 1:400.000 (freytag & berndt) habe ich mir in einer Island-Reise-Gruppe auf Facebook empfehlen lassen und der Tipp war sehr gut. Der Preis bei Amazon war auch mehr als okay!
Buch:
Ich liebe Bücher und ganz besonders Reiseromane ziehen mich in ihren Bann. Dies ist nun kein Roman, eher ein Ratgeber. Der Autor hat (unterstützt durch diverse Sponsoren) eine Rundtour über Island gemacht und dabei viele Fotos und Tipps in diesem unterhaltsamen Buch gesammelt. Manche Ratschläge habe ich nur überflogen, ich will aber nicht ausschließen, dass Biker (und natürlich „Bikerinnen“ :-)), die vor ihrer ersten großen Tour stehen, hier nützliche Tipps finden. Die Tipps zur Insel waren (soweit wir das vor Ort gesehen haben) korrekt. Lediglich die Straßenangaben auf den Karten sind nicht mehr ganz aktuell. Die Isländer bauen anscheinend Straßen im Akkord!
Motorrad
Bevor ihr euch zu einer Tour nach Island entschließt, müsst ihr euch die grundsätzliche Frage stellen: soll es nur über die Ringstraße gehen, oder darf es ein bisschen mehr sein? Und ich meine damit ausdrücklich nicht die F-Straßen (s.o.). Es gibt nämlich noch so ein Zwischending, die sogenannten „gravel roads“. Unbefestigte Pisten mit mehr oder weniger Geröll, Schotter und/oder Buckel- bzw. Wellblech-Oberfläche. Muß man erlebt haben. Aber nicht(!) auf einem Chopper, einem Streetfighter oder einem Hayabusa-Clone… Leute, das wollt ihr nicht wirklich! Von daher würde ich immer eine Reiseenduro wählen. Beschränkt ihr euch auf die Ringstrasse, dann könnt ihr auch bequem auf einer Horex die Insel umrunden! 🙂
Zur Reichweite eures Mopeds nur soviel: ihr fahrt nicht in die Wildnis, sondern in ein zivilisiertes Land! Im Hochland mag es manchmal anders sein, aber auf den regulären Straßen ist die Tankstellendichte ausreichend. Wenn ihr jedoch mal eine Tankstelle auslasst, dann wäre es schon gut, wenn ihr 300 Km schafft. Ihr erspart euch damit Stress 😉
Gehen wir davon aus, ihr wollt (wie wir) ein paar Abstecher links und rechts der Ringstrasse machen oder gar die Westfjorde besuchen, dann schraubt am Moped alles fest, was auch nur ein bisschen locker aussieht. Es wird sich sonst lösen! Das entsprechende Werkzeug solltet ihr trotzdem mitnehmen, man weiß ja nie 😉
Kommen wir zu den Reifen. Nach einem Tipp auf dem Varatreffen 2022 habe ich meine Horizontjägerin auf den Heidenau K60 Scout umgerüstet und bin restlos und uneingeschränkt begeistert. Der „alte“ Metzeler Tourance Next war/ist auf Asphalt wirklich eine Granate. Auf Schotter oder Sandpisten hatte ich jedoch immer das Gefühl zu „schwimmen“, ihr wißt vermutlich was ich meine?
Mit dem Heidenau machte das Fahren auf den unbefestigten Straßen richtig Spaß!! Ihr habt richtig gelesen! Mit der unbeladenen Maschine bin ich auf einer Tagestour rund um die Halbinsel Skagi mit knapp 90 km/h über die Schotterpiste geflogen und hatte nicht eine Sekunde das Gefühl, die Maschine würde seitlich auswandern. Und weil der Reifen auch auf Asphalt, bei Regen und Sommerhitze sauber reagiert, wird er vermutlich mein neuer „immer-drauf“-Reifen!
Klamotten:
Zieht euch warm an oder seid darauf vorbereitet, euch warm amzuziehen. Ich habe mir vor der Tour bei Louis das „Seamless Summer“-Set gekauft und während jeder Fahrt getragen. Dazu das Futter in Jacke und Hose eingeknöpft sowie ein Windbreaker-Shirt und lange Motorradsocken. Die Sommerhandschuhe hatte ich zuhause gelassen, dafür extra warme Winterhandschuhe gekauft. Das hat sich an mehrern Tagen bezahlt gemacht. Auch wenn die Temperaturen in den Fahrpausen angenehm (und manchmal auch ein bisschen warm…) waren, sobald wir auf der Strasse wieder dem Wind ausgesetzt waren, wurde es kalt.
Und warme Handschuhe sind wesentlich angenehmer als Griffheizung..
Navi:
Ich fahre mit dem Tom Tom Rider 400 und bin mit der Hardware eigentlich zufrieden. Für die Island-Etappen habe ich mit TomTom Mydrive die Routen zunächst zwischen den jeweiligen Übernachtungsorten mit den Einstellungen „Spannend“ und „Kurvenreichtum: mittel“ festgelegt und anschließend per Hand Abzweigungen zu bestimmten Sehenswürdigkeiten (Wasserfälle, Geysire etc) gezogen.
Für alle TomTom-User jetzt der Tipp: lasst das „Spannend“ weg, die Straßen auf Island sind auch so spannend und das aktuelle Kartenmaterial von TomTom ist für Island einfach schlecht. Wir haben nachher nicht mehr gezählt, wie oft wir auf einen Acker, in eine Sackgasse oder auf einen Reitpfad geschickt wurden. Dazu kamen dann noch Straßen, die im Navi gar nicht enthalten waren… Da war die Straßenkarte manchmal wieder gefragt!
Foto:
Nur meine Meinung: fahrt ihr nach Island, vergesst die Kamera nicht!! Richtig, Kamera und nicht (nur) Handy! Island bietet soviel für das Auge, manches ist weit, manches ist weit weg. Und mit einer einfachen Handykamera fangt ihr nicht das ein, was ihr seht. Ich renne mit einer Canon EOS 80D SLR und einem 18-250mm „immerdrauf“ von Sigma rum. Da geht sicherlich auch noch mehr, aber mir reicht’s.
Daneben habe ich natürlich auch mein Smartphone (Motorola G8 Power) benutzt (ist manchmal wirklich praktischer…) und die Fahrvideos wurden mit der verbliebenen GoPro Hero4 gemacht.
Die Fotos und Videos wurden jeden Abend über mein Notebook auf eine mobile Festplatte, eine SanDisk Professional 2TB, G-DRIVE ArmorATD, gesichert. Diese externe Festplatte besitzt ein wasser- und staubfestes Gehäuse und ist bis 450 kg bruchfest. Die drei stoßbeständigen Schichten sorgen für eine zusätzliche Robustheit und mehr Schutz, die Übertragung der Aufnahmen erfolgt mit bis zu 140 MB/s.
Island
Island ist toll, Island ist einzigartig, Island ist Wow!!! Und trotz alledem: Island ist ein zivilisiertes Land, in dem aber einiges anders ist, als in unserer schönen Heimat.
Und Island ist teuer! Die aktuellen Preise solltet ihr vieleicht googlen, was ich hier schreibe ist vielleicht morgen nicht mehr aktuell. Nur soviel: Im Supermarkt haben wir für eine Tüte Nudeln, sechs Wiener Würstchen, ein Glas Tomatensauce a‘ la Arrabiata sowie vier Dosen Light-Bier (2,8%) umgerechnet 15.-€ bezahlt. Eine normale Pizza im Restaurant lag immer bei ca. 30.-€.
Nachdem jetzt auch die Kreditkartenabrechnung vor liegt, kann ich auch die ungefähren Kosten dieser Tour benennen: Für alle Buchungen (inkl. Fähre, Ausflüge, Eintritt) sowie Tanken und sonstige Ausgaben auf Island müsst ihr bei einer solchen Reise mit rund 3000.-€ rechnen. Kosten für die Vorbereitungen (z.B. neue Reifen) sind darin nicht enthalten.
Alles was jetzt folgt ist subjektiv und ohne irgendein Ranking, aber selbst erlebt. Wenn jemand etwas anderes erlebt hat oder es besser weiß? Her damit!
Geld oder Karte?
Wir haben in den 14 Tagen auf Island kein Bargeld gewechselt und es wurde auch nicht verlangt! Master- und Visa-Karte mit PIN reichen für alles aus!
Tanken
Alle Tankstellen funktionieren mit Visa & Master, man logt sich ein (Reihenfolge ist je nach Kette unterschiedlich), wählt einen Maximal-Betrag und tankt los. Abgebucht wird nur der tatsächliche Verbrauch. Wollt ihr also „randlos“ volltanken, wählt den höchsten Betrag und ab geht die Post!
Badelatschen/Hausschuhe
In den Gästehäusern ausserhalb der größeren Städte werden die Schuhe ausnahmslos am Eingang ausgezogen und im dortigen Regal stehengelassen! Nehmt also Badelatschen mit!
HotPods
Die heißen Bäder gibt es zahlreich, häufig auch direkt in einem Gästehaus. Bevor man in das heiße Wasser (mit Badesachen!) steigt, wird sich nackt mit Seife abgeduscht! Manche Duschen sind hinter Türen, manche nicht! Weisse Bescheid?? Schummeln gilt hier nicht!!
Das Fotografieren im(!) HotPod wird nach meinen Beobachtungen geduldet, es gibt da keine Aufpasser…
Shampoos/Duschgel
Nicht lachen, aber für Mopedfahrer zählt jedes Gramm Gepäck… Auf Island (und auf der Fähre) war in jedem Gästehaus und in jeder Dusche ein Spender mit Duschgel vorhanden…
Die Menschen
Wir haben nur freundliche und hilfsbereite Isländer (okay, vielleicht mit Ausnahme im Gästehaus in Reykjavik… die waren mehr cool als freundlich 🙂 ) getroffen, die fast alle besser Englisch sprachen als wir… will sagen: mit Schulenglisch seid ihr gut dabei!
Bier & Alkohol
Dies gibt es nicht im Supermarkt, sondern nur in besonderen staatlichen Geschäften mit eingeschränkten Öffnungszeiten und Preisen, die euch die Tränen in die Augen treiben. Wer also Abends einen Whiskey-Cola trinken möchte, sollte den Whiskey mitbringen! 😉 Das Light-Bier kann man aber durchaus trinken…
Fähre
Auf die Idee, ein Motorrad zu mieten oder meine Maschine alleine im Container vorzuschicken, würde ich nie kommen. Also rauf auf die Fähre. Die einzige Fähre von Dänemark nach Island ist die MS Norröna der Smyril Line. Wenn ihr auf die Fähre fahrt, dann wird es eng, keine Panik! Die Stellplätze der Mopeds scheinen auf maximale Raumnutzung und nicht auf Bequemlichkeit der Biker ausgelegt.
Vor der Tour hätte ich die Mitnahme eigener Gurte zum Festzurren der Maschine verneint. Für die Norröna: nehmt eigene Gurte mit! Die Gurte, die wir vorfanden, waren teilweise älter und die Riegelmechanik teilweise verbogen. Ausserdem handelt es sich um ein System ohne „Ratsche“, da muss man erst einmal durchsteigen. Hilfe vom Bordpersonal gab es nicht.
Bucht die Mahlzeiten vorher, das wird vermutlich preiswerter als die Nachbuchung des Buffets! Es gibt zwar auch ein Restaurant mit Pizza und Burger, die Buffets sind um Klassen besser (besonders das Dinner-Buffet ist wirklich zu empfehlen!).
In den verschiedenen Bars/Restaurants gibt es zu verschiedenen Zeiten verschiedene „Happy Hours“ mit verschiedenen Regeln (Bier zum halben Preis oder „zahle eins und bekomme zwei“), man kann sich die Zeit gut vertreiben.